Gleich Automatisieren oder doch vorher Optimieren? Das ist hier die Frage!

Christoph Heichinger
Dienstag, 10. August 2021

In unserer Rolle als Prozess-Berater in Österreich und Deutschland stoßen wir immer wieder auf Prozesse, die Sie mit Sicherheit auch kennen. Und zwar Prozesse in Unternehmen aus einer dieser Kategorien:

  • “Aber das haben wir immer schon so gemacht...”
  • “Das hab ich von meinem Vorgänger so übernommen...”
  • “Die Evaluierung einer Schnittstelle läuft (seit gefühlten 2 Jahren)”
  • “Zu geringes Volumen für die Automatisierung”
  • ….
Diese Liste lässt sich beliebig weiter fortsetzen. Oftmals liegt der umgangssprachliche Hund in der Historie begraben. Die “das haben wir aber immer schon so gemacht”-Kategorie, wo ein Mitarbeiter den Prozess von seinem Vorgänger übernimmt und nicht weiter hinterfragt oder hinterfragen kann, ist aber wohl die gängigste. Wie erlöst man nun aber Mitarbeiter von solch umständlichen Prozessen und hilft ihnen weiter? In der Lehre heißt es: analysieren, verbessern, automatisieren.

Liest sich einfach, ist es aber leider nicht. Oftmals dauert diese Phase mehrere Monate, wenn nicht Jahre. Die armen Benutzer machen weiterhin Prozesse, bei denen sie sich sprichwörtlich die Finger brechen. Soll man so einen „bescheidenen“ Prozess automatisieren, um dann einen automatisieren „bescheidenen“ Prozess zu haben? Oder doch zuerst analysieren und verbessern und dann erst automatisieren?

Um hier eine breitere Meinung zu bekommen, habe ich eine Umfrage auf LinkedIn durchgeführt. Von 44 abgegebenen Stimmen sind 50% der Meinung „zuerst optimieren“, 48% meinen „gleich automatisieren“ und 2% „Just do Nothing“. Die Abstimmung ist also unentschieden und ein klarer Sieger geht aus der Umfrage nicht hervor. Ich denke, die 2% „Just do Nothing“ gehen an die Kategorie Spaßabstimmung 😊.

Meiner Meinung nach sollte zuerst der Versuch unternommen werden, Mitarbeiter in Fachabteilungen wie z.B. Personalwesen / HR, Auftragsabwicklung, Buchhaltung, Controlling etc. zu entlasten. Denn auch wenn ein Prozess um drei Ecken gemacht wird und genauso beispielsweise mittels Robotic Process Automation (RPA) automatisiert wird, darf man nicht vergessen, dass somit einem Benutzer geholfen wird. Außerdem ist es dem Robot egal, wie viele Schritte er ausführt und wo überall Zwischenergebnisse gespeichert werden müssen. In unserer Praxis zeigt sich das gleich wie in der Abstimmung. Manchmal wird zuerst optimiert. Oftmals sehen wir, dass RPA Projekte in einem Teilabschnitt gesehen werden, die wir optimieren sollen. Schon die Frage: „Wie sehen die Schritte davor und auch danach aus?“ hilft über den Tellerrand zu sehen. So wird zusätzlich zu einer reinen Automatisierung auch bereits eine erste Optimierung vorgenommen. Ist schon absehbar, dass sich der Prozess z.B. innerhalb der nächsten sechs Monate ändert, macht eine sofortige Automatisierung allerdings nur bedingt Sinn.


Wie entdecke ich solche Prozesse?
Wenn der Schmerz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht so groß ist, dass sie von selbst kommen, ist es gar nicht so einfach, diese Prozesse aufzuspüren. Da meist sehr viele manuelle Tätigkeiten durchzuführen sind, werden sie im klassischen Prozessmanagement nicht auffallen. Über Process Mining lässt sich herausfinden, welche Ausprägungen und Varianten ein Prozess hat. Außerdem kommt man Medienbrücken auf die Spur. Ist dieser Prozess aber nicht Teil eines großen Prozesses, wie z.B „Order to Cash“, sondern im Controlling ein Reporting an einen externen Partner, fällt dieser hier auch nicht auf.

Ein Werkzeug, um ineffizienten Prozessen auf die Spur zu kommen, kann Task Mining sein. Eine Künstliche Intelligenz (KI) läuft beim Benutzer im Hintergrund mit und überprüft den Prozess auf Automatisierbarkeit. Sobald die KI der Meinung ist, dass dieser Prozess für eine Automatisierung geeignet wäre, fragt sie den Benutzer, ob der Prozess aufgezeichnet werden darf.


Habe ich damit den Prozess schon verbessert?
Jetzt ist der „bescheidene” Prozess mittels RPA automatisiert, aber ist er damit auch schon verbessert? Aus der Sicht des Benutzers – KLAR!  Die Mitarbeiter müssen den Prozess nicht mehr selbst durchführen, den übernimmt jetzt Kollege Robot. Allen, die meinen, dass das keine saubere Lösung ist, kann ich nur zustimmen. Die Automatisierung hat zwar Zeit verschafft, den Prozess sollte man aber dennoch nicht ganz aus den Augen lassen und ihn mittelfristig verbessern. Die Gefahr, dass es mit der Verbesserung  aber doch länger dauern kann, kennen wir Österreicher allerdings nur zu gut. Es gilt das Sprichwort: „Es gibt nichts das länger hält als ein Provisorium“.


Wie behalte ich dann den Überblick?
Ein gesamtheitliches Prozessmanagement besteht aus vielen Bausteinen. Process Mining, Task Mining, RPA und Workflow Automatisierung sowie klassisches iBPM - Business Process Management sind meiner Meinung nach Teil des Dream Teams jedes Prozess Verantwortlichen. Wir setzen dabei auf unsere Partner UiPath (RPA) und FireStart (BPM und Workflowautomatisierung). Agil kann rasch und unkompliziert den Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen geholfen werden, ohne dabei das große Ganze aus den Augen zu verlieren. Wie sieht Ihr Dream Team aus? Ich freue mich auf einen Austausch!

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